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Channel: Beweisrecht – Rechtsanwältin Stefanie Hagendorff
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AG Frankfurt: #Filesharing-Klage: Beweisantritt der Klägerin durch Parteianhörung des Beklagten missbräuchlich

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In einem aktuellen Urteil hat das Amtsgericht Frankfurt eine Filesharing-Klage der Europool Europäische Medienbeteiligungs GmbH abgewiesen, weil die Klägerin die Täterschaft des Familienvaters als Anschlussinhaber nicht beweisen konnte und dieser nach Vorlage der Meldebescheinigung glaubhaft gemacht hat, dass Ehefrau und jugendliche Söhne ebenfalls Zugang zum Internetanschluss hatten. Richtgerweise hat daher das Amtsgericht es abgelehnt, zum Beweis für die Täterschaft des Beklagten als Anschlussinhabers trotzdem als Partei anzuhören. Wie das Amtsgericht Frankfurt mit Urteil vom 16.11.2015 – Az. 32 C 2823/14 dazu ausführt, ist das missbräuchlich:

„…Im Zivilprozess ist es wegen Rechtsmissbrauchs unzulässig, eine Behauptung ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich aufs Geratewohl, gleichsam „ins Blaue hinein“ aufzustellen (vgl. BGH NjW 1996, 394; NJW 1996, 1541, 1542; NJW-RR 200, 208)……Der Beklagte hat – unter Vorlage von Meldebescheinigungen sowie sonstigen Beweisangeboten – substantiiert dargelegt, dass zu dem vermeintlichen Tatzeitpunkt nicht nur er selbst, sondern auch seine Ehefrau sowie seine beiden Söhne Zugang zu dem streitgegenständlichen Internetanschluss hatten. Damit greift nach den durch den BGH in seiner „BearShare“-Entscheidung vom 08.01.2014 Az. I ZR 169/12 aufgestellten Grundsätzen gerade keine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Beklagten als Anschlussinhaber.

Die Klägerin hat zum Beweis der Tatsache, dass der Beklagte die behauptete Rechtsverletzung begangen hat, die Vernehmung des Beklagen als Partei angeboten (vgl. Bl. xxx d.A.). Das Beweisangebot ist im Einklang mit den vorstehenden Ausführungen indes auch her ersichtlich „ins Blaue hinein“ aufgestellt und damit unzulässig. Etwaige Anhaltspunkte dafür, weshalb die Rechtsverletzung gerade vom Anschlussinhaber – und eben nicht den anderen Haushaltsangehörigen – begangen worden sein soll, nennt die Klägerin nicht und solche sind auch nicht ersichtlich. Das Beweisangebot erfolgt vielmehr offenbar in der Hoffnung, durch eine Beweisaufnahme notwendige Erkenntnise überhaupt erst zu gewinnen. Eine solche Vorgehensweise ist – entsprechend dem oben Gesagten – rechtsmissbräuchlich….

Die Klägerin konnte somit nicht nachweisen, dass der Beklagte die ihm vorgeworfene Rechtsverletzung tatsächlich begangen hat. Auch sonstige Anknüpfungspunkte für eine Verantwortlichkeit des beklagten, etwa im Wege einer Störerhaftung, sind nicht gegeben. Dementsprechend scheiden sämtliche Ansprüche aus….“

Hinweis: Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Darlegungs- und Beweisfragen sind in Filesharing-Fällen trotz inzwischen umfangreicher Rechtsprechung immer wieder Gegenstand heftiger Auseinandersetzungen vor Gericht, die aufwendig sind. Diese werden von den Rechteinhabern und ihren Rechtsvertretern erkennbar in der Absicht durch die Instanzen gejagt, die Beklagten (und die Justiz) wegen des Aufwands zu vermürben und in „Vergleiche“ zu drängen und stellen sich zunehmend als ein Test des Rechtsstaats heraus, da die Rechteinhaber aus taktischen Gründen bewusst die Fälle erst nach Jahren vor Gericht bringen und die Verjährungsfrage (3 Jahre oder gar 10 Jahre immer noch nicht höchstrichterlich geklärt ist).



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